Warum sich Marken schon jetzt auf die metaverse Zukunft vorbereiten müssen

Screenshot aus der Meta Keynote zum Thema „Metaverse“

Facebook will es zum Leben erwecken, die Kunst-Welt elektrisiert es und für Marken birgt es neue Chancen: das Metaverse. Was hinter dem Begriff steckt und warum es um die Überwindung der nächsten digitalen Grenze geht.

Facebook ist in den letzten zwei Jahrzehnten zu eine der bekanntesten Marken weltweit aufgestiegen. Das weißblaue f hat Signalwirkung. Der Schritt, das Unternehmen jetzt in „Meta“ umzubenennen, hat es auch. Nicht weil Facebook von nun an von unseren Screens verschwinden würde. Die Social-Media-Plattform wird weiter den Alltag neben Apps wie Instagram oder WhatsApp bestimmen, nur eben unter dem Dach von Meta. Sondern weil Mark Zuckerberg das Unternehmen fundamental neu ausrichtet, und zwar auf das, was er als nächste digitale Grenze erachtet, die es zu überschreiten gilt, nämlich die nahtlose Vereinigung der digitalen mit der physischen Welt zu einem Metaversum, dem Metaverse.

Die nächste Wette auf die Zukunft läuft

„Ich habe viel über unsere Identität nachgedacht“, sagte Zuckerberg auf der virtuellen Veranstaltung Connect 2021, auf der seine technologische Wette auf die Zukunft vorgestellt wurde. „Ich hoffe, dass wir im Laufe der Zeit als ein metaverses Unternehmen gesehen werden.“ Metaverses Unternehmen? Was verbirgt sich dahinter?

Zunächst leitet sich „Meta“ von dem griechischen Präfix ab. Es kann eine Vielzahl von Bedeutungen annehmen, zum Beispiel inmitten, inzwischen, danach, mithilfe, von, hinter. In unserem Sprachgebrauch hat sich vor allem die Wendung „nach etwas“ (zeitlich und räumlich) durchgesetzt. Damit deutet „Meta“ auf etwas Jenseitiges hin, etwas über den Moment oder den Raum Hinausgehendes. Diesen Aspekt hat Zuckerberg aufgegriffen, wenn er von dem großen „Beyond“ spricht.

Nun ist es so: Große Ideen in der Technologiebranche finden sich oft im Sprachgebrauch wieder, bevor sie wirklich Sinn ergeben. Aus dem Nichts taucht ein neues Buzzword  auf, das unzureichend erklärt und von vielen Experten überstrapaziert wird: das Internet der Dinge, Big Data, die Sharing Economy, die Cloud. In einigen Fällen bleibt die Terminologie haften. Mehr und mehr Leute beziehen sich darauf, aus dem Begriff wird eine halbwegs verständlichen Sache und die Technologie wird Teil unserer Lebenswirklichkeit. Erinnert sich noch jemand an die Erscheinung namens „das Internet“? Also, los geht es mit dem „Metaverse“.

Die kleine Geschichte des Metaverse

Im offiziellen Gründungschreiben von Mark Zuckerberg klingt das so: „Im Metaverse verschmelzen die sozialen Online-Erlebnisse von heute mit der realen Welt.“ Und weiter: „So wird sie bereichert durch komplett virtuelle, dreidimensionale Erfahrungen und Projektionen. Das Metaverse lässt uns immersiv mit anderen Menschen zusammenkommen, auch wenn wir uns im echten Leben nicht treffen können.“ Damit kapert er einen Begriff und die dazugehörige Erfahrung, die längst im Gaming und in Kreisen der Kryptobewegung Einzug gehalten hat.

Zum ersten Mal wurde das „Metaverse“ 1992 in dem Roman „Snow Crash“ von Neal Stephenson erwähnt, und dann in dem Roman „Ready Player One“ von Ernest Cline wiederbelebt. In beiden wird eine vollständig digitalisierte Welt beschrieben, die jenseits der physischen Welt existiert, in der wir leben.

Ein Metaverse bezieht sich also auf eine Vielzahl virtueller Erfahrungen, die von Augmented Reality über das Eintauchen in eine komplette virtuelle Welt reichen. Die Grade sind fließend. Matthew Ball, ein Risikokapitalgeber, beschreibt das Metaverse als „eine Art Nachfolge des mobilen Internets“, als Rahmen für ein extrem vernetztes Leben. Es wird kein klares „vor dem Metaverse“ und „nach dem Metaverse‘ geben“, prognostiziert er. „Stattdessen wird es sich im Laufe der Zeit langsam herausbilden“, indem Produkte und Dienstleistungen immer weiter miteinander verschmelzen würden. Ein Punkt haben alle Erfahrungen im Metaverse gemeinsam, sie erweitern unsere physische Realität bis hin zur Gestaltung kompletter virtueller Welten mit eigenen Angeboten, Avataren und Währungen.

Metaverse in den Worten von Mark Zuckerberg

Videospiele wie Roblox oder Fortnite, in denen Spieler ihre Welten aufbauen können, leben diesen metaversen Charakter bereits vor. In Decentraland besuchen die Bewohner Konzerte, Casinos und Kunstaustellungen. Das Auktionshaus Sotheby’s hat ein kleines Grundstück im hiesigen Kunstviertel erworben und dort eine Nachbildung seiner Londoner Galerie errichtet. Vor kurzem gab es die erste Ausstellung mit NFT’s. Im Juli 2021 kaufte Republic Realm, das sich selbst als „digitales Immobilienunternehmen“ bezeichnet, ein NFT eines virtuellen Anwesens mit 259 Parzellen in Decentraland für mehr als 1,2 Millionen der Kryptowährung MANA, was zu diesem Zeitpunkt ungefähr 900.000 Dollar entsprach.

Meta strebt die Vormachtstellung bei virtueller Realität an

Den Gründern von Decentraland zufolge war es seit jeher der Plan, dass die Nutzer alles selbst in die Hand nehmen und in der dezentralen, virtuellen Welt alles gestalten, was sie wollen. Hier kommt Meta ins Spiel – natürlich avisiert Mark Zuckerberg ein zentralisiertes Erlebnis an, was bedeutet, dass die wichtigsten Entscheidungen von seinem Unternehmen getroffen werden.

Stellen Sie sich vor, wenn Meta es schaffen würde, der Standard aller virtuellen Umgebungen zu entwickeln, die erst noch mit Browser und dann später mit den hauseigenen Oculus-Headsets erkundet wird. Meta stünde die gesamte Klaviatur der Verwertung zur Verfügung. Das Unternehmen könnte Bodenpreise bestimmen, digitales Land verkaufen, Marken beim Einrichten eigener Stores helfen, bei Verkäufen eine Provision verlangen, Werbeeinahmen einstreichen und eine eigene Kryptowährung einführen, über die alle Zahlungen abgewickelt werden. In der Zukunft könnten wir als User durch Meta laufe, Kleidung auf Meta tragen, virtuelle Partys auf Meta veranstalten oder Eigentum auf dem digitalen Gelände von Meta erwerben. Für jede Aktivität in der realen Welt würde es ein Äquivalent im Metaverse geben. Das Potenzial wäre riesig. Die Umbenennung von Facebook in Meta ist also nicht nur reine Kosmetik oder willkommene Ablenkung von den schlechten Nachrichten. Es geht darum, der Erfinder des neuen Internets zu werden und damit Gesetzgeber einer virtuellen Infrastruktur.

Laut einem aktuellen Bericht der New York Times wird gemunkelt, dass Meta bereits die Öffnung eigener, physischer Stores plant, um die User an die neue Experience heranzuführen und die eigenen Headsets zu verkaufen. Wenn Meta mit den Stores ernst macht, wäre das eine Premiere für einen Tech-Giganten, der bisher hauptsächlich digital existiert hat und dessen Apps wie Facebook, Instagram, WhatsApp und Messenger von mehr als 3,5 Milliarden Menschen genutzt werden.

Marken und metaverse Erfahrungen

Wenn Unternehmen und Marken nicht frühzeitig des Nachsehen haben und später teuer ihre sogenannten „Spaces“ bei Meta einkaufen wollen, dann sollten sie ihre Produkte und Dienstleistungen schon jetzt auf metaverse Möglichkeiten abklopfen. Das heißt: Sie sollten praktisch erproben, welche immersive Erfahrungen sie rund um die Nutzung ihrer Produkte und Inhalte anbieten können. Ikea experimentiert etwa schon seit längerem mit dem Besuch eines virtuellen Möbelhauses. Große Musikstars geben bereits virtuelle Konzerte in Fortnight oder Roblox. Ein Unternehmen wie Patagonia könnte Menschen dank virtueller Realität nachempfinden lassen, wie es ist, einen Berg zu besteigen oder auf Umweltprobleme aufmerksam machen.

Metaverse Erfahrungen tun genau das – sie erzeugen ein Gefühl, etwas authentisch nachempfinden zu können oder verkörperter Teil eines spannenden Weltenbaus zu sein. Virtuelle Realität wird dabei als soziale Plattform für Begegnungen dienen. Es ist jetzt nicht mehr die Frage, ob es ein Metaverse geben wird, sondern wie viele und wer sie gestaltet.

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